Zitat von Hallo!
Was haltet ihr davon?
Oje jetzt hole ich mir sicher kalte Füße hier ... egal, ich gehe das Risiko ein.
Also wenn jetzt jemand von mir ein orgastisches Lustgeschrei erwartet, wird enttäuscht sein, dann bitte nicht weiterlesen, tut es euch nicht an.
Wen es aber doch interessiert, der kann ja durchhalten, mir Kontra geben und da und dort vielleicht auch ein pro zu meiner kritischen Haltung.
Also ...
Zitat von Hallo!
Was haltet ihr davon?
da bin ich jetzt sehr nüchtern, Stefan.
Ich persönlich halte von Hybriden nichts, gar nichts. Ja, sie helfen derzeit in nicht unerheblichem Maße die Betriebskosten eines Labors zu decken, aber das ist es schon.
Wir waren Aussteller bei der Orchideenschau in Peterborough vor ca. 5, 6 Jahren, als eine typ. englische Lady auf mich zukam, aus ihrer Tesco-Plastiktüte ein Teehäferl, mit victorianischem Stilmuster bemalt, herausfischte und meinte, Sir, can you produce an orchid in the same colour and the same pattern?
Ich war beides .... very amused and sehr betreten. Da standen wir mit unseren Sterilbechern voller Naturformen, Nachzuchten, Seltenheiten, … und fühlten uns alles andere als Produzenten oder als Künstler, die den Auftrag erhalten sollen „male mir ein Bild“.
Weißt du Stefan, die Spielwiese der Orchideen besteht aus 2 Bereichen. Da ist einerseits das schützenswerte Areal, in dem die Orchideen so wachsen und blühen, wie es die Natur vorgab und einplante. Und wir wissen, dass dieses Areal stündlich kleiner wird, pro Tag allein im Amazonas eine Fläche in der Größe eines Fußballfeldes gerodet wird. Pro Tag - und das nur in Südamerika, wir reden da gar nicht von Afrika, Madagaskar, Asien. Und wir wissen vor allem, dass durch den Einsatz der Insektizide die ganz spezifischen, für eine Orchideenart spezifischen Bestäuber selten geworden sind, oftmals auch Grund dafür, warum eine Orchidee vom Aussterben bedroht ist, egal wie geschützt man das Areal hält, in welchem sie wächst. Gibt es den Bestäuber nicht mehr, dann gibt es keinen genetischen Austausch mehr, das ist die Achillesferse der Evolution. Sie ist dann so wehrlos wie ein Fisch am Trockenen.
Und dann gibt es andererseits das breite Feld der Spielwiese für die Leute, die - vielleicht eben so wie du und die meisten hier im Forum - interessiert sind, wie das Resultat wohl aussehen könnte, wenn man eine Orchidee mit einer anderen kreuzt. Oder Gattungen mit einander verpaart, die einander in natura nie begegnen würden. Salopp formuliert Afrika x Südamerika oder Afrika x Asien. Das geht alles. Und ja, wir haben sogar die Technik ein Cymbidium mit einer Vanda „zu kreuzen“ und die unterschiedliche Chromosomenanzahl ist manchmal kein Hindernis mehr ... . Mittels Zellfusion von Gameten geht vieles. Gegen diese Einstellung ist nichts einzuwenden, bloß 2 Fakten:
Das Herumkreuzen von Arten, die vom Aussterben bedroht sind, ist ein Tanz auf
dem Vulkan. Solange noch genug reinerbiges Material vorhanden ist, fällt es nicht auf, aber wenn man nur mehr 1 Exemplar über hat … was dann?
Und die 2. Problematik ist eine rein menschliche … man glaubt das, vertraut dem, was die Etikette vorgibt. Man kauft zB eine Phalaenopsis-Spezies und man vertraut der Etikette blind, sieht keinen Anlass zur Kritik, denn die Pflanze war 1. teuer und 2. von einem namhaften Orchideenhändler.
Ganz simpel und grauslich vereinfacht in der Genetik, wenn du 2 reinerbige Orchideenarten A und B miteinander verpaarst, dann wird es eine ziemliche Streuung in der f1-Generation geben. 50% wird typische Anzeichen sowohl der Mutter- als auch der Vaterpflanze besitzen. Bei je 25% wird aber die Pflanze von ihrem optischen Erscheinungsbild sehr der Mutterpflanze oder sehr der Vaterpflanze ähneln. Teilweise so „nahe“, dass unerfahrene und unkritische Orchideenhalter diese Hybride AB aufgrund ihres Erscheinungsbildes wieder zur Spezies A bzw. Spezies B erheben. Sie wird als Spezies gehandelt, verkauft, vermehrt (!) .. und doch, ist es eine Hybride. Wenn dann der worst case auftritt, mit dieser vermeintlichen Spezies weiter zu kreuzen, trägt man einen ungemeinen und nicht mehr korrigierbaren Fehler weiter und kontaminiert das Genmaterial, was weittragende Folgen hat. Und wenn du weiter überlegst, dass aus einer guten Aussaat 100.000 und mehr Pflanzen generiert werden können (theoretisch, keiner macht´s) und dann falsch benamt noch in Umlauf gelangen, dann wird es blöd.
Ganz kalt läuft es mir den Rücken runter, wenn man dann noch hört, dass durch Verpaarung von Hybride AB x Hybride AB wieder Spezies A und B herauskommen. Man habe sie damit "rück-gekreuzt" heißt es. Da wünschte ich mir, die orchidische Menschheit sei sehr ungeschickt im Umgang mit Bestäubungen. " ... denn sie wissen nicht, was sie tun" ...
Solange man kritisch ist und Hybriden ungeachtet ihres Aussehens als solche deklariert, ist es kein Problem, der Phantasie und Neugier freien Lauf zu lassen. Aber der Mensch irrt und das ist die Marginale, wo sich die Areale Artenreinheit-Artenschutz und Spielwiese für jegliche Form der Kreativität in fatalster Weise in die Quere kommen.
Meine Antwort sei nicht als Kritik anzunehmen, sondern nur als Hinweis mit allen Etiketten, die vorgeben der Pflanze einen korrekten Namen zu geben, äußerst kritisch zu sein und vor allem kein Material von diesen Pfl. weiter zu geben, wenn die Identität nicht als gesichert erscheint. Für ein Orchideenlabor ist die Aussaat bei weitem nicht das schwierigste, kniffligste. Am schwersten ist es, ein Netzwerk an Samenlieferanten aufzubauen, dem man zu 99% trauen kann. Ich hoffe, ich bin jetzt nicht zu weit von deiner Frage abgeschweift, es war mir aber wichtig, das los zu werden.
Deine Zeichnung ist hübsch und ja, Verpaarungen von Neofinetia und Phalaenopsis gibt es schon. diese Mehrgattungshybride nennt sich Phalanetia und klingt damit wie ein Nobelhure aus dem antiken Rom.