Wir erhielten unlängst erst die vielleicht größte Samenkapsel der Welt. Sie gleicht einer kleinen Freilandgurke und bringt knapp 210 g auf die Waage. Es handelt sich um Grammatophyllum speciosum, welches auch in seiner Heimat nur alle 5 - 7 Jahre mal Blüten ansetzt. Ich hätte diese Kapsel zu Schauzwecken gerne in die Schweiz mitgenommen, durfte ich leider nicht - Artenschutzgründe und meine Phyto- und Citesliste war bereits abgeschlossen und ich durfte nichts mehr hinzusetzen.
Ich möchte sie aber euch zeigen, bevor sie geschlachtet und ausgehöhlt wird.
Bei einem unserer Ausstellungsstände haben wir aber gerne Samen eines Grammatophyllum martae mit. Damit man sich ein bisschen vorstellen kann, welche Kapazitäten in diesem Samen gelegen sind ...
Station IV Grammatophyllum martae Quisumb. ex Valmayor & D. Tiu 1984
In einer Samenkapsel können je nach Orchideengattung und Art wenige hundert bis mehrere Millionen Samen heranreifen. Wir zeigen an dieser Station Samen der Botanischen Spezies Grammatophyllum martae aus Papua Neuguinea. Ein einziges Samenkorn dieser Art wiegt im frischen Zustand 0,0008 mg. Ausgestellt ist hier die Samenmenge einer einzigen Kapsel mit einem Gewicht von exakt 0,645 g, das entspricht somit ca. 800.000 Samen, die sich unter diesem Glassturz befinden. Wenn man bedenkt, dass Grammatophyllum martae eine Blütenrispe von annähernd 2 Metern entwickelt und man annimmt, dass sich aus jedem dieser 800.000 Samen eine Pflanze entwickeln wird, dann würden alle Blütenrispen der 1. Tochtergeneration (F1) aneinandergelegt eine Strecke von 1.600 km ergeben. Das gleicht der Distanz Zürich - Lissabon.
Würde jede der 800.000 Pflanzen nochmals bestäubt und erfolgreich ausgesät werden, dann wären bei 100% Keimung in der 2. Tochtergeneration (F2) bereits 640 Milliarden Sämlinge verfügbar. Es wäre dann möglich, jeden Menschen auf dieser Erde mit ca. 100 Pflanzen dieser Orchideenart zu beglücken. Oder die Blütenrispen erneut aneinandergelegt, ergäbe eine Strecke von 1,28 Milliarden Kilometern. Das ist mehr als die 8-fache Distanz zwischen der Erde und der Sonne. Oder die Rispen aneinandergelegt würden 32.000-mal die Erde umspannen. Dies als Ziel der Vermehrung anzusehen, ist natürlich wenig sinnvoll und nur theoretisch hier erwähnt, soll aber veranschaulichen, welches unvorstellbare Potential in diesen 645 mg Samen verborgen ist und dass wir längst über die Technologie verfügen, um Orchideen in ausreichender bis beliebiger Anzahl nachzuzüchten, zu verteilen und gegebenenfalls auch wieder an natürliche Habitate rückzuführen.