Wie wohl viele mitbekommen haben, wird zur Zeit die Familie der Orchidaceae taxonomisch überarbeitet, und zwar werden die Verwandschaftsverhältnisse anhand der Ähnlichkeit auf DNA-Ebene untersucht. Mit diesen Daten werden phylogenetische Bäume erstellt. Deren Qualität ist natürlich nur so gut wie die Daten, die in die Analyse eingeflossen sind, und deshalb sind die vorgeschlagenen taxonomischen Änderungen bei weitem nicht so endgültig und über jeden Zweifel erhaben, wie es gemeinhin dargestellt wird. Wissenschaftliche Ergebnisse sind nie endgültig. Abgesehen davon werden die Ergebnisse von Wissenschaftlern interpretiert und es werden Entscheidungen getroffen, zB die, ob alle Arten an einem großen Ast des Baumes zu einer großen Gattung gehören sollen (das bevorzugen die "lumper" ), oder ob jeder Zweig eine eigene Gattung sein soll (die Präferenz der "splitter" ).
Die Änderungen die Orchideen betreffend sind recht kontrovers und man kann diskutieren, wie sinnvoll sie sind. Ich zB finde, daß großen morphologischen Unterschieden zu wenig Rechnung getragen wurde und zu viel lumping betrieben wurde.
Aber hier will ich erstmal von neueren Änderungen berichten, diskutieren können wir dann immer noch. Nach den Änderungen im Bereich der Cattleyen sind jetzt die Oncidiinae und die Aeridinae drangewesen. Ich fasse eine Artikelreihe von Dr. Norbert Dank in "Die Orchidee" (6/2012, 1/2013, 2/2013, 4/2013) über die Oncidiinae zusammen und gebe einen kurzen Bericht über die Aeridinae aus "Die Orchidee" (4/2013) wieder.
Das International Orchid Register der RHS hat die Änderungen schon übernommen! Wenn man eine Hybride sucht, sollte man deshalb nur den Grex-Namen eingeben, denn viele Hybriden-Gattungsnamen wie Odontioda oder Odontocidium existieren nicht mehr. Die ehemalige Burrageara Nelly Isler ist jetzt eine Oncidopsis, ebenso wie die ehemalige Vuylstekeara Cambria.
Subtribus Oncidiinae:
Miltonia bleibt erhalten und bekommt ein neues Mitglied.
Gomesa bleibt erhalten und fast alle aus Brasilien stammenden Oncidien werden zu Gomesa umgruppiert. Dazu gehören auch Arten, die ziemlich nach Oncidien aussehen, wie Oncidium varicosum und Oncidium flexuosum (jetzt Gomesa varicosa bzw. G. flexuosa). Das ehemalige Oncidium crispum wird zu Gomesa imperatoris-maximiliani, weil der Name Gomesa crispa schon vergeben war. Außerdem kommen noch einzelne Arten aus anderen Gattungen dazu, zB wird aus Baptistonia echinata Gomesa echinata.
Oncidium: Aus der Gattung Oncidium scheiden die sogenannten Rattenschwanz- und Maultierohr-Arten aus, die von früheren Autoren auch mal als Cohniella bzw. Lophiaris ausgegliedert wurden, zB Oncidium cebolleta und O. pumilum. Diese werden jetzt zur Gattung Trichocentrum umgruppiert. In Oncidium werden etliche Gattungen eingegliedert, die damit nur mehr als Synonyme existieren, nämlich Cochlioda, Sigmatostalix, Mexicoa, Miltonioides. Die Eingruppierung von Oncidium fuscatum (ehemals Miltonia / Chamaeleorchis warszewiczii) wird bestätigt. Es kommen auch ehemalige Odontoglossum-Arten dazu (s.u.).
Odontoglossum ist aufgelöst worden! Die Gattungen, die zuvor schon ausgegliedert wurden, nämlich zB Rhynchostele, Rossioglossum, Cyrtochilum, Symphyglossum, wurden bestätigt. Die übrigen Arten werden zu Oncidium gestellt. Damit heißt zB das berühmte Odontoglossum crispum neuerdings Oncidium alexandrae (crispum war schon vergeben).
Rossioglossum bekommt neue Mitglieder, nämlich die ehemaligen Arten aus Ticoglossum und Oncidium ampliatum.
Cuitlauzina bekommt ebenfalls neue Mitglieder, nämlich die Gattungen Osmoglossum, Palumbina und Dignathe, die damit aufgelöst werden.
Rhynchostele wird bestätigt und die Gattung Mesoglossum wird ihr einverleibt.
Brassia werden die Gattungen Ada und Brachtia einverleibt, die damit aufgelöst werden.
Erycina wird um die die Mitglieder der Gattung Psygmorchis vergrößert.
Psychopsis erhält ein neues Mitglied, das ehemalige Oncidium limminghei.
Die Gattungen der Zweig-Epiphyten sind offenbar alle nahe miteinander verwandt, bleiben aber erhalten, nämlich Comparettia, Rodriguezia, Ionopsis, Macradenia, Macroclinium, Leochilus etc. Außerdem werden etliche weitere Gattungen so bestätigt, wie sie sind, nämlich Aspasia, Cischweinfia, Lockhartia, Trichopilia, Miltoniopsis, Caucaea.
Zelenkoa onusta (früher Oncidium onustum) wird bestätigt.
Es wurden auch neue Gattungen geschaffen, deren Mitglieder früher Oncidium zugerechnet wurden: Vitekorchis, Nohawillamsia und Grandiphyllum. Erstere umfaßt 6 Vertreter, zB das ehemalige Oncidium excavatum, die anderen beiden Gattungen haben nur je ein Mitglied.
Außerdem haben die DNA-Analysen gezeigt, daß die ehemals eigenständigen Subtriben Ornithocephalinae und Telopogoninae zu den Oncidiinae gehören.