Lonis Orchideenforum

Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#1 von Matthias , 07.07.2013 07:30

Beschäftigt man sich mit Orchideen und wälzt dazu diverse Orchideenliteratur, stöbert im Internet und liest in div. Foren, so ist immer wieder im Zusammenhang mit der Pflege und Düngung vom "Leitwert" die rede. Nur was ist dieser Leitwert überhaupt und was bedeutet er? Dies will ich hier versuchen zu erklären und einige Grundlagen zum Thema "Leitwert" anfängerfreundlich vermitteln.


Was ist der Leitwert?


Der Leitwert ist ein umgangssprachlicher Begriff für die spezifische elektrolytische Leitfähigkeit bei 25°C Elektrolyttemperatur. Er ist ein Summenparameter ALLER im Wasser gelösten mineralischen Stoffe. Er wird in µs/cm (Mikrosiemens pro cm) angegeben. Dies sagt aus wie gut ein Elektrolyt (in unserem Fall Wasser)mit einer Temperatur von 25°C den Stom auf weiner Wegstrecke von einem cm leitet.

Ich werde aber weiterhin im Text den Begriff Leitwert verwenden, da jeder weis was gemeint ist. Auch werde ich, so wie es generell gehandhabt wird, das cm in der Angabe weglassen.


Wie kann man den Leitwert messen?



Man könnte den Leitwert mit einem einfachen digitalem Multimeter ermitteln. Dazu gibt man etwas Wasser in eine Tasse, biegt aus 2 Büroklammern 2 U-förmige Elektroden und hängt diese um 180° versetzt über den Rand der Tasse so dass das eine Ende ins Wasser ragt. Nun nimmt man das Multimeter und misst zwischen beiden Elektroden den Widerstand. Über komplizierte Formeln könnte man nun die Leitfähigkeit errechnen. Da dies aber zu kompliziert und zu ungenau ist, möchte ich gar nicht näher darauf eingehen. Generell kann man aber sagen, je höher der elektrische Widerstand, desto geringer die Leitfähigkeit des Wassers und umgekert.
Am einfachsten misst man den Leitwert mit einem handelsüblichem Messgerät. Diese sind schon ab 50 Euro erhältlich. Hier gibt es aber auch Unterschiede. Wichtig ist, dass ein modernes Messgerät eine Temperaturkompensation haben sollte. Diese ist wichtig, da der Leitwert immer bei 25°C Wassertemperatur angegeben wird. Nur so kann man es mit jedem anderen Wert vergleichen. Die Temperaturkompensation misst die aktuelle Temperatur des Wassers und rechnet den ermittelten Leitwert automatisch auf eine Temperatur von 25°C um.

Was beeinflusst den Leitwert?

Ich erspare jetzt allen, hier sämtliche Stoffe aufzuzählen, welche den Leitwert des Wassers beeinflussen. Ich beschränke mich auf die folgenden Stoffe:

Hydrogencarbonat
wird als Karbonathärte ermittelt und besteht aus Calcium- oder Magnesiumcarbonat. Dieser Stoff entscheidet ob wir kalkreiches oder kalkarmes Wasser haben. Die Karbonathärte wird in °KH angegeben. 1°KH entspricht einem Leitwert von 36µs.

Säure
diese wird über den PH-Wert ermittelt. Der PH-Wert wird in pH angegeben. Ein neutraler pH von 7 entspricht einem Leitwert von 4µs. Ein pH von 3 entspricht einem Leitwert von 421µs. Generell kann man also sagen, je saurer das Wasser desto höher die Leitfähigkeit. Dies wird im zusammenhang mit "saurem Regen" wichtig.

Restliche im Wasser gelöste Stoffe, hier als Salze bezeichnet.

Wie gehen wir nun mit diesen Dingen in der Praxis um?

Es gibt Salze welche für Orchideen nützlich sind, und welche die schädlich für Orchideen sind. (da ich selbst noch Anfänger bei Orchideen bin, kann ich dazu noch nichts genaues sagen.)
Für Orchideen und andere Pflanzen ist auch kalkreiches Wasser nicht gut.
Wie sagt uns nun der Leitwert, ob unser Wasser gut oder schlecht für unsere Orchideen ist?
Grob gesagt, je höher der Leitwert, desto höher die Wahrscheinlichkeit für Orchideen schädliche Stoffe im Wasser zu haben.
Um genaueres zu sagen, reicht uns das aber nicht. Zumindest die Karbonathärte sollten wir noch ermitteln.

Nehmen wir nun an, wir haben einen Leitwert von 700µs bei unserem Leitungswasser ermittelt und eine Karbonathärte von 7°KH gemessen. So wissen wir nun, da unser Wasser eher pH-neutral ist, dass wir 252µs dem Kalk verdanken. Die restlichen 448µs sind sonstige Salze, bei denen keiner genau weis ob sie nun gut oder schlecht für unsere Orchideen sind. Es sei denn wir lassen die Wasserzusammensetzung genau analysieren.

Oft wird auch die verwendung von Regenwasser empfohlen. Regenwasser hat in 99% der Fälle keine Karbonathärte.
Doch Regenwasser kann mitunter sehr hohe Leitwerte aufweisen. Woher kommen diese? Zum einen kommt es darauf an, wie lange es schon nicht mehr geregnet hat. Wenn es Regnet, so wird die Luft von sämtlichen in ihr befindlichen Stoffen durch den Regen gereinigt. Diese Stoffe befinden sich nun im Regenwasser. Sind viele "Abgase" in der Luft vorhanden gewesen, so kann es sauren Regen geben. Wie oben zu sehen ist, kann dann der Leitwert auf Grund eines niedrigen pH-Wertes hoch sein.
Auch kommt es darauf an, aus welchen Materialien die Dachziegel, Dachrinnen und Wassertanks sind. Gerade über die Dachziegel kann das Wasser sehr viele Mineralien aufnehmen.
Die Ermittlung des Leitwertes unseres Regenwassers sagt uns also viel über die darin enthaltenen Schadstoffe aus, da man hier die Karbonathärte vernachlässigen kann.

Am unbedenklichsten ist sicher demineralisiertes Wasser. Auch Osmosewasser kann noch hohe Leitwerte aufweisen.
Versetzen wir nun dieses Wasser mit Dünger, ändert sich der Leitwert. Gute Infos gibt hier die Düngertabelle in diesem Forum. Düngertabelle
Wie man sieht ändert sich je nach verwendetem Dünger der Leitwert des Ausgangswassers. Hier kann man den Leitwert schnell nach oben treiben, ohne wirklich den Orchideen alles notwendige zukommen zu lassen. Oder aber man kann sie bei niedrigem Leitwert überdüngen. Hier finde ich den Leitwert auch sehr wenig aussagekräftig. Vielmehr entscheidet die Qualität des Düngers und dessen homogene Zusammensetzung.
Angegeben werden bei Dünger immer die N-P-K Werte. Also Stickstoff-Phosphor-Kalium. Welche Mittel und Stoffe verwendet werden um diese Werte zu erhalten, steht nicht auf den Packungen. Dies ist aber sehr entscheident für unsere Langzeitpflege. Habe ich nämlich stark Nitratbildenden Dünger und organisches Substrat, wird im Orchideensubstrat das Nitrat umgewandelt. Dabei entstehen wiederum Stoffe, welche den Leitwert des Gießwassers positiv oder negativ beeinflussen können, und man dann den Leitwert des Ausganswassers messen kann wie man möchte, der Leitwert des Substrates ist aber dann ein ganz anderer und mann kann bei noch so guten Leitwerten des Gießwassers die Orchideen über oder unterversorgen. Aber dies ist Stoff für ein weiteres Thema.

Ich hoffe ich konnte euch den Leitwert etwas näher bringen. Und vielleicht erkennt ja der Ein oder Andere wie ernst er seine "Leitwertmesserei" nehmen sollte.
Generell und abschließend möchte ich noch folgendes hier schreiben:
Es ist nie verkehrt, den Leitwert zu messen. Man sollte nur wissen was man da misst und wie man damit umgeht. Und ein altes Sprichwort besagt: Wer viel Misst misst Mist.

Gruß
Matthias


Matthias
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zuletzt bearbeitet 07.07.2013 07:32

RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#2 von Markus , 07.07.2013 08:25

Danke für den Bericht, Matthias.


MfG Markus


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zuletzt bearbeitet 07.07.2013

RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#3 von Ricci , 07.07.2013 09:09

Häufig findet man in der Literatur oder auf Düngern auch den Begriff EC statt µS/cm. EC steht für Electronic Conductivity = Elektrische Leitfähigkeit. Dabei gilt: 1 EC = 1000 µS/cm.
Wenn also bei einem Profi-Dünger für Orchideen ein Leitfähigkeitswert von 0,6 EC angegeben ist, entspricht das 600 µS/cm.


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RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#4 von Matthias , 07.07.2013 09:45

Hallo Ricci,

danke für den Hinweis, muss ich mal drauf achten. Aber was kann der Orchideenhalter jetzt mit dieser Angabe anfangen??

Gruß
Matthias


Matthias
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zuletzt bearbeitet 07.07.2013 09:46

RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#5 von Ricci , 07.07.2013 10:40

Zitat von PhalMa im Beitrag #4
Aber was kann der Orchideenhalter jetzt mit dieser Angabe anfangen??


Ist das nicht offensichtlich?


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RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#6 von Matthias , 07.07.2013 10:49

Ricci,

ich steh aufm Schlauch.....

Gruß
Matthias


Matthias
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RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#7 von Ricci , 07.07.2013 11:19

Wo ist das Problem?


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Ricci
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RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#8 von Matthias , 07.07.2013 11:25

Ricci,

ich weis nicht, wie ich mit der Angabe dass mein Dünger einen Leitwert von 600µs hat, im Bezug auf das gießen meiner Orchideen umgehen soll.

Gruß
Matthias


Matthias
Matthias

RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#9 von R. St. , 07.07.2013 11:27

Vielleicht darin:
600 µS/cm ist eine beziehungslose Zahl, sofern sie auf der Düngerschachtel steht.
Da wird schon noch was anderes dazu gehören, oder?
Wieviel von dem Dünger ist in wieviel Wasser zu lösen, um einen Anstieg der Leitfähigkeit von 600 µS/cm zu bewirken?
BG
Reinhold


R. St.
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zuletzt bearbeitet 07.07.2013 11:41

RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#10 von Ricci , 07.07.2013 11:53

Zitat von R. St. im Beitrag #9
Wieviel von dem Dünger ist in wieviel Wasser zu lösen, um einen Anstieg der Leitfähigkeit von 600 µS/cm zu bewirken?


Soviel, bis sich der Wert auf dem Messgerät um 600 µS/cm bzw. 0,6 EC erhöht hat.

Bei Flüssigdüngern geht noch die Düngertabelle hier im Forum, bei Festdüngern (z.B. Peters Excel) kommt man ohne Messgerät nicht weit.


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RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#11 von Matthias , 07.07.2013 12:07

Zitat von Ricci im Beitrag #10

Soviel, bis sich der Wert auf dem Messgerät um 600 µS/cm bzw. 0,6 EC erhöht hat.



Oh weh Ricci, dann bräuchte ich um drei Liter Gießwasser aus demineralisiertem Wasser mit 10µs und deinem Dünger mit 600µs zu mischen, über 2 Liter Dünger.
Genau das ist das gefährliche an Messwerten und Angaben ohne den Bezug zu verstehen.
Deshalb auch der Start des Freds.

Gruß
Matthias


Matthias
Matthias

RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#12 von R. St. , 07.07.2013 12:08

Ja, aber diese "Nebenbedingung" wurde hier nicht erwähnt!
Entschuldige mal!
Es hat doch nicht jeder "Normalo", der sich Dünger kauft, ein Leitwertmeßgerät zur Hand?
Das ist doch wirklichkeitsfremd.

Im nächsten Schritt wäre festzustellen, was denn diese µS eigentlich bewirken sollen bzw. welche Grenzwerte einzuhalten wären?
Diese Diskussion läuft nach meiner Meinung an praktischen Problemen vollkommen vorbei.
Es ist schön zu wissen, was denn das eigentlich ist, µS, aber was es praktisch bedeutet? Das ist ganz was anderes.

Ich wage mal eine Behauptung, ok? Bitte nicht böse werden...
Mikrosiemens sind NICHT unser wirkliches Problem.

LG & BG
Reinhold


R. St.
R. St.

RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#13 von Ricci , 07.07.2013 12:09

Hä? Wieso 2 l Dünger? Aufgrund welcher Formel?


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Ricci
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RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#14 von Matthias , 07.07.2013 12:12

Reinhold,

du hast ganz genau erfasst, um was es mir hier geht.
Generell wird einem gern suggeriert, zur erfolgreichen Orchideenpflege erstmal ein Messgerät zu brauchen, ohne zu sagen was man mit den Messwerten anfangen kann.

Gruß
Matthias


Matthias
Matthias

RE: Leitwertmessungen - was dahinter steckt

#15 von Matthias , 07.07.2013 12:18

Ricci,

das ist ein ganz normales Mischungsverhältnis. In dem Beitrag mit der Düngertabelle wird sehr gut erklärt, wie diverse Flüssigkeiten mit unterschiedlichen Leitwerten zu mischen sind uns was dabei raus kommt. Daher spare ich mir jetzt es abzuschreiben.
1L Wasser mit 10µs
2L Dünger mit 600µs
=
600+600+10/3=403µs

Bedeutet du hast mit 2L Dünger dein Ausgangswasser um gerade mal 393µs erhöht. Da brauchst du noch mehr Dünger um eine Erhöhung von 600µs zu erreichen, wie du es angegeben hast.

Gruß
Matthias


Matthias
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