Lonis Orchideenforum

Pflanzenschutz: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#1 von beatrix , 01.04.2012 19:44

Jensli hat mich gestern gebeten einen Beitrag über meine Erfahrungen mit Raubmilben bei Befall mit Spinnmilben und falschen Spinnmilben zu erstellen. Das mache ich gern, schicke aber voraus, daß dieser Beitrag keinen Anspruch auf wissenschaftliche Exaktheit und Vollständigkeit erhebt, sondern lediglich meinen praxisorientierten Recherchen sowie den daraus resultierenden Erfahrungen entspricht.
Meine ersten Erfahrungen mit Raubmilben waren entmutigend. Ich hatte bei Spinnmilbenbefall Raubmilben bestellt und nach Anweisung eingesetzt. Nach erst gutem und sichtbaren Erfolg, waren die Schädlinge nach ein paar Wochen wieder da. Daraufhin habe ich mich ausführlicher mit dem Thema beschaftigt und herausgefunden, daß es eine Vielzahl von Raubmilbenarten gibt.
Da ist zu nennen diePhytoseiulus persimilis, einsetzbar gegen Spinnmilben und falschen Spinnmilben. Diese Art hat den Vorteil, bei günstigen Bedingungen erhebliche Mengen an Spinnmilben und deren Eier und Nymphen zu fressen. Nachteilig ist, daß sie keine Hungerperioden verträgt und hohe Ansprüche an Temperatur und Luftfeuchtigkeit stellt 18 - 25 Grad LF 60-70 %. Bei ca. 22 Grad vermehrt sie sich doppelt so schnell wie die Spinnmilben.

Ebenfalls zu nennen die Amblyseius cucumeris, einsetzbar gegen Spinnmilben, Weichhautmilben und gegen Thrips. Diese Art frißt nicht so viel wie die vorgenannte Art, verträgt aber wochenlange Hungerperioden und stellt nicht so hohe Ansprüche an Temperatur und LF.

Dann gibt es noch Amblyseius californicus, einsetzbar gegen Spinnmilben, falschen Spinnmilben, Weichhautmilben und Thrips. Eigenschaften wie bei Ambl. cucumeris.

Amblyseius barkeri ist einsetzbar gegen Weichhautmilben.

Ich habe dann Phytoseiulus persimilis und nach einem Abstand von ca. drei Wochen Amblyseius californicus eingesetzt und der Spuk war tatsächlich vorbei. Die erste Art frißt fast alle Spinnnmilben weg, die zweite Art eliminiert dann die Übriggebliebenen und die neu geschlüpften.
Genauso habe ich dann bei einem Befall mit falschen Spinnmilben agiert und wieder dauerhaften Erfolg gehabt.
Die notwendige LF erreiche ich, indem ich die Töpfe auf Schalen mit nassem Blähton stelle.
Wichtig ist, alle Pflanzen zu behandeln, auch wenn an einigen keine Schädlinge festzustellen sind.
Prophylaktisch setze ich alle paar Monate mal entweder Ambl. cucumeris oder Ambl. californicus ein.
Über eigene Erfahrungen bei Weichhautmilben und Thripsen verfüge ich nicht.

Noch nicht selbst erprobt, aber durchaus interessant ist auch die hier im Forum schon genannte Möglichkeit, Florfligenlarven einzusetzen.

Ich möchte noch auf ein paar öfter geäußerte Gegenargumente eingehen:
"Raubmilben eignen sich zur Nachbehandlung bei chemischer Schädlingsbekämpfung". Nein, Akarizide greifen alle Milben an, da vergeht den Raubmilben sicherlich der Appetit.
"Man erreicht nur ein biologisches Gleichgewicht". Warum? Hier im Haus hat nur einer einen natürlichen Feind, die Spinnmilbe. Die Raubmilben sterben höchstens einen Hungertod.
"Die Raubmilben kommen nicht in die kleinsten Verstecke der Schädlinge". Doch, denn zumindest dieAmbl. californicus ist nicht größer als Spinnmilben oder die etwas kleineren falschen Spinnmilben.
Dieses Argument könnte meines Erachtens aber für Weichhautmilben gelten, die wirklich so klein sind, daß man sie nur dem Mikroskop sehen kann.

Ich empfehle, den Schädling möglichst genau zu bestimmen und dann die passende Raubmilbe auszusuchen. Eine gute Möglichkeit ist, Tesafilm an Blattachseln und Ober-u. Unterseiten der Blätter zu drücken und dieses unters Mikroskop zu legen.

Für mich ist die Schädlingsbekämpfung mit Raubmilben das Mittel der Wahl. Das muß aber nicht für jeden gelten. Ich wünschte mir nur, daß es mal ausprobiert würde.
Für mich liegen die Vorteile darin, daß ich kein Gift im Haus habe, mit den Raubmilben keinen Schaden anrichten kann, ich kann praktisch nicht falsch machen und es kann auch keine Resistenzen geben.


beatrix
beatrix
zuletzt bearbeitet 28.01.2014 13:30

RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#2 von Nightwolf , 01.04.2012 20:04

Vielen Dank für den Beitrag! Für mich kamen eigentlich nie Raubmilben in Frage, da ich mich auch nicht näher damit beschäftigt hatte. Du hast aber alle wichtigen Informationen in einem Beitrag zusammengefasst! Ich denke ich werde es so handhaben, dass ich neue Pflanzen trotzdem erst mal prophylaktisch Einsprühe/Tauche, da das Gift auch gegen andere saugenden Schädlinge hilft. Bei einem Spinnmilbenbefall an den 'älteren' etablierten Pflanzen werde ich mein Glück mit den Raubmilben versuchen.

Nach der Behandlung mit den Raubmilben und den Tod der Spinnmilben stirbt auch die Raubmilbe, oder? Ist es möglich die Raubmilben länger zu lagern oder muss man sie jedes Mal neu bestellen?


Nightwolf
Nightwolf

RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#3 von beatrix , 02.04.2012 11:21

Hallo Nightwolf,

es freut mich, daß Du bereit bist, die Raubmilben mal auszuprobieren.

Die Ambyseiusarten vertragen ziemlich lange Hungerperioden, ich habe auch mal gelesen, daß sie sich von Blütenstaub ernähren können. Ebenso habe ich gelesen, daß sie bei Nahrungsmangel kannibalistisch werden.
Aber letzlich brauchen sie natürlich Nahrung sonst sterben sie.

Ich habe auch schon mal überlegt, mir eine kleine Raubmilbenzucht zuzulegen, aber dafür fehlt mir das Wissen. Auch habe ich Befürchtungen, das Futter (also die Spinnmilben) könnten sich selbstsrändig machen und wieder über meine Orchis herfallen.Grundsätzlich ist das natürlich möglich, denn die Händler haben die Helferlein ja auch immer vorrätig.


beatrix
beatrix

RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#4 von Jensli , 02.04.2012 11:48

Sehr interessanter Bericht!

Ich wusste immer nicht, welche Raubmilbenart denn nun die richtige ist, da hast du wertvolle Aufklärungsarbeit geleistet.

Falls du Raubmilben züchten möchtest, lass dir doch befallene Pflanzen als Futterquelle schicken...


Jensli
Jensli

RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#5 von beatrix , 03.04.2012 15:10

Hallo Jensli, danke. Es freut mich immer,wenn ich weiterhelfen kann. Über Deinen Vorschlag denke ich noch nach .


beatrix
beatrix

RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#6 von Darwi , 20.04.2012 19:50

Wir haben seit 4 Wochen auch Raubmilben im Einsatz Phytoseiulus persimilis und A. californicus. Und was soll ich sagen es scheint echt zu Wirken ! Wir haben ja alle verbleibenden Orchis von den Fensterbänken die alle Spinnmilben probleme hatten aufgebunden und in die Kellervitrine gehängt. Dort haben wir dann die Raubmilebn eingesetzt. Bis jetzt sind alle neuen Herzblätter die die Phalis schieben (und das sind einige zu unsere Freude) ohne erkennbaren Schaden !. Hoffen wir das das so weiter geht und noch ein paar räuber übrig sind


Darwi
Darwi

RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#7 von Andrea Pitzer , 20.04.2012 20:01

Hallo Darwi

das interessiert mich ja nun auch . Dendrobien ohne Spinnmilben gibt es eigentlich gar nicht Vor allem die Dünnblättrigen sind Leibspeise .

Wie hoch sind eure Temperaturen in der Vitrine des Nachts ? Ich hbe noch keine bestellt , weil ich befürchte es ist noch zu kalt bei mir


Andrea Pitzer
Andrea Pitzer

RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#8 von Loni , 20.04.2012 20:27

Beatrix, ein echt toller Beitrag, Danke.


Liebe Grüße Loni


Loni
Loni
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Beiträge: 8.431

RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#9 von beatrix , 21.04.2012 12:37

Gern geschehen. Es freut mich, wenn ich helfen konnte


beatrix
beatrix

RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#10 von Ruediger , 21.04.2012 13:29

Zitat von Andrea
Dendrobien ohne Spinnmilben gibt es eigentlich gar nicht Vor allem die Dünnblättrigen sind Leibspeise .




Doch!
Meine.
Aber ich verwende bei Bedarf "brutale Chemie".


Beste Grüße

Rüdiger


Ruediger
Ruediger
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Beiträge: 1.109

RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#11 von Ricci , 21.04.2012 13:41

Zitat von Andrea
Dendrobien ohne Spinnmilben gibt es eigentlich gar nicht.



Ausgerechnet meine Dendrobien sind bisher von allem verschont worden. Außer vor mir.


Viel mehr aus unserem Garten findest du auf unserer FB Seite: https://www.facebook.com/worranittha.koenig


Ricci
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RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#12 von susu , 21.04.2012 21:51

Sehr interesssant! Danke Dir!
Ich hab's auch shcon mal überlegt, aber ich hab eher ne LF unter 60%.... Aber für die Vitrine....

Kannst du uns noch Bezugsquellen nennen?


Liebe Grüße,
Susanne


susu
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RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#13 von Andrea Pitzer , 21.04.2012 22:01

Ricci , was bist du doch für ein Glückspilz und deine Pflanzen erst

Aber wenn du mal an die 1000 Pflanzen haben solltest , wirst du das wohl auch nicht mehr sagen können

Rüdiger , mit Kiron und Kanemite habe ich gut Erfahrungen gemacht . Ich dachte nur , die Milben könnten mir die Arbeit abnehmen , ich bin von Natur aus eher ein Faulpelz


Andrea Pitzer
Andrea Pitzer

RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#14 von beatrix , 22.04.2012 11:07

Hallo Susanne,

ich bestelle die kleinen Helferlein immer im Internet. Entweder bei der firma Sautter & Stepper oder bei der Firma Schneckenprofi .

Ich wünsche Dir viel Erfolg


beatrix
beatrix

RE: Raubmilben bei Spinnmilben und falschen Spinnmilben

#15 von Jensli , 22.04.2012 11:26

Bea, eine ganz wichtige Frage treibt mich aber immer noch um: Ich habe ca 70 Pflanzen, die ich möglichst ohne Kontakt zueinander platziere, eben um die Ausbreitung von Krankheitserregern und Schädlingen zu erschweren, wie kommen denn die Raubmilben nun von einer Pflanze zur nächsten? Muss ich da Unmengen bestellen (und die sind nicht gerade billig!, Chemie ist leider wesentlich preisgünstiger) und auf jede Pflanze ein wenig von dem Trägermedium, ich glaube die meisten Raubmilben werden in Vermiculite geliefert, streuen?


Jensli
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