Phal. honghenensis
Erstbeschreibung durch Liu (1991): ähnlich Phal. minor, unterscheidet sich aber davon durch kleinere, purpurrote Blüten (Blütenblätter 1-1,3 cm lang), einen schmal-zungenähnliche Mittellappen der Lippe und runde (statt birnenförmige) Pollinien. BT 6,7-7,7 cm lang, einfach oder verzweigt, 4-6 Blüten; Blüten 2,2-2,9 cm im Durchmesser, Blütenblätter purpurrot mit 5-6 Längsstreifen (?); Mittellappen der Lippe ähnlich kurz wie die Seitenlappen (6-8 mm), Ende des Mittellappens eingebuchtet, nahe Ende des Mittellappens kissenförmig, in der Mitte lamellenförmiger Kiel, zwischen den Seitenlappen zwei Reihen von Kallusfortsätzen; Sporn 15 mm lang (das soll wohl 1,5 mm heißen); große Narbenöffnung.
Beschreibung durch Christenson: Blütenfarbe rosa-pink bis blaßgrün; Detailbeschreibung ähnlich der von Liu, nur näher an der Originalzeichnung, zB Mittellappen der Lippe zu beiden Enden hin sich verjüngend, stumpf zulaufend. Er meint, die Beschreibung des Mittellappen-Endes als "eingebuchtet" beruhe auf einer Illusion, die dadurch entsteht, daß die Ränder des Mittellappens sich nach unten umschlagen und zusammenrollen; flach ausgebreitet sei das Ende stumpf, nicht eingebuchtet. Außerdem meint er, daß verzweigte BT nicht vorkämen. Den Sporn erklärt er zu einer nippelartigen kleinen Erhebung.
Neubearbeitung durch Dalström und Ormerod (Selbyana 2006; Orchids, Aug. + Dez. 2010): Dalström zeigt ein Farbfoto der Typuspflanze, anhand derer Liu Phal. honghenensis beschrieben hat, und sie ist nicht rosa (wie Christenson einfach so behauptet), sondern dunkelrotbraun und sieht genauso aus wie die Art, die allgemein braceana genannt wird. Dalström weist unter Berufung auf die Originalzeichnungen und -beschreibungen und das Blütenfoto sowohl Christensons Kommentare zur Blütenfarbe als auch zur Sporngröße zurück. Insgesamt paßt die Beschreibung von honghenensis nach Liu auch auf die Pflanzen namens "braceana", in Kultur blühen die Pflanzen dunkelrostrot bis olivgrün.
Dieselben Autoren haben sich auch ausführlich mit der Zulässigkeit des Namens "braceana" befaßt, und obwohl es bei diesen Pflanzen keine Unterscheidungsschwierigkeiten gibt, will ich die Argumente noch kurz erwähnen, weil sie taxonomisch relevant sind.
"Phal. braceana" wurde als erstes von Hooker (1890) als Doritis braceana beschrieben. Danach blieb die Art lange verschwunden. An die 100 Jahre später beschrieben Tang und Wang die Art Biermannia naviculare, ohne den Namen zu veröffentlichen. Seidenfaden (1988 ) kam zu dem Schluß, daß Doritis braceana und Biermannia naviculare dieselbe Art sind, und nennt sie Kingidium braceanum.
Nun ist aber Dalström zu dem Schluß gekommen, daß die ursprünglich als Doritis braceana beschriebene Pflanze in Wirklichkeit eine taenialis war. Hier sind die Argumente zusammengefaßt: Die von Hooker beschriebene Pflanze sollte aus Bhutan stammen (wo es keine braceana gibt, nur taenialis) und wurde im Botanischen Garten von Kalkutta beschrieben. Dalström meint, daß eine Pflanze, die normalerweise auf 1500-1800 m Höhe wächst, in Indien ziemlichem Streß ausgesetzt sein dürfte, was die für taenialis ungewöhnliche Blütenfarbe (gelb mit roter Linie in der Mitte) erklären könnte, besonders da taenialis nach Bestäubung oder beim Verwelken gelb wird. Die als braceana bekannten Pflanzen kommen demgegenüber nur in Yunnan, China, vor.
Demnach muß das Epithet braceana als Synonym zu taenialis gelten. Die erste tatsächliche Beschreibung der als "braceana" bekannten Pflanzen war die als Biermannia naviculare, aber die wurde nicht veröffentlicht, so daß der Name nicht gilt. Damit ist die Beschreibung dieser Art als Phal. honghenensis durch Liu (1991) die erste korrekte Beschreibung der Art, die allgemein "braceana" genannt wird.
Praktisch heißt das, daß man alle braceanas zu honghenensis umbeschriften muß (sofern Dalströms Analyse akzeptiert wird, die Argumentation ist jedenfalls sehr detailliert und schlüssig).