Lonis Orchideenforum

Krankheiten: Einjahresverlauf einer Infektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#1 von Kuuki , 15.05.2015 17:32

Ich möchte euch vom Verlauf einer stammnahen Infektion an einer Phalaenopsis berichten. Oftmals verläuft Stammfäule ja in Windeseile, führt zu Blattfall, kommt zu einem Ende, wenn nichts mehr von der Pflanze übrig ist und wenn man Glück hat, kommt ein Stammkindel aus dem blattlosen Wurzelstrunk hervor. Hier lief es anders, diese Infektion verursachte keinen Blattfall und schritt insgesamt nur sehr langsam voran. Ich habe sie mit den Mitteln bekämpft, die ich zuhause hatte: scharfes Messer, später Skalpell, Zimt, Kupferoktanoat, Aliette, Folicur.
Mein Vorgehen dabei war in mancherlei Hinsicht sicher nicht optimal, aber da ich jetzt ein Jahr lang recht regelmäßig Fotos gemacht habe und selbst gern solche Berichte lese, möchte ich die Sache mit euch teilen. Vielleicht können vor allem Anfänger ein paar für sie nützliche Infos daraus ziehen, wie so eine Infektion bei einer Phalaenopsis oder ähnlichen Monopodialen ablaufen und wie man damit umgehen kann. Nicht bei jeder Pflanze wäre ich so hinterher gewesen, aber diese liegt mir am Herzen.

Vor ca. einem Jahr im Juni 2014 sah ich an einer Phalaenopsis einen kleinen, schwarzen, stammnahen Fleck im Gewebe, den ich zufällig fotografierte, obwohl er noch nicht sonderlich spannend aussah. Hätte ich ihn sofort großzügig weggeschnitten, hätte die Sache wahrscheinlich ein viel schnelleres Ende genommen. Gezögert hatte ich, weil ich erstmal abwarten wollte, wie es sich entwickelt, weil ich so stammnah nicht gern schneiden wollte usw. usw.
Ich erinnere mich nicht, ob die Tropfen zu diesem Zeitpunkt schon von einem Pilzmittel stammten oder ich eine Ladung Staub abgeduscht habe. Nass wurde die Pflanze jedenfalls sonst vorher nie:


Nach ca. einem Monat, im Juli, war der Fleck gewachsen und es zeigte sich am Ende eines Blattes ein weiterer unschöner Fleck. Beide trockneten nicht wie erhofft von selbst ein oder hörten auf zu wachsen, so dass ich mich im August entschied, sie herauszuschneiden, um ein weiteres Fortschreiten zu verhindern.
Das stellte sich als schwieriger heraus als gedacht. Mit dem zwar sehr scharfen, aber zu großen Messer schnitt ich immer wieder etwas zu tief. Auch das Stück Papier, das ich zuvor hinter das Blatt geklemmt hatte, konnte nicht verhindern, dass ich den Stamm etwas verletzte. Während der Prozedur habe ich das Messer mehrfach mit Alkohol desinfiziert, um eine Übertragung des Pilzes an den Schnittflächen und Verletzungen zu verhindern. Die Schnittstellen stäubte ich mit Zimt ein, damit sie schneller abtrockneten:


Oben Blattende mit Fleck, unten das stammnahe Stück mit dem herausgeschnittenen Fleck:


Das nächste Foto entstand weitere zwei Monate später, im Oktober. Man kann erkennen, dass die Schnittstellen und Verletzungen schön hell und trocken vernarbt sind, sich aber unter der linken, schmalen Verletzung erneut ein schwarzer Fleck bildete. Vielleicht war ich bei der Desinfektion des Messers nicht gewissenhaft genug gewesen:


Weil ich wusste, dass der kleine Fleck nicht aufhören würde zu wachsen, entschied ich mich dieses Mal schneller zum Schneiden, versuchte besser zu desinfizieren. Die Schnittstellen bestrich ich mit verdünntem Kupferoktanoat, einem Kontaktfungizid (bläulich im Bild):


Weitere zwei Monate später, im Dezember, hatte sich die Wunde wieder infiziert. Vielleicht hatte ich den Schnittrand beim letzten Mal nicht großzügig genug gewählt oder die Desinfektion reichte (wieder?) nicht aus. Erst waren mir nur die dunklen, trockenen Ränder aufgefallen, doch wenig später sah ich, dass auch vitales Gewebe wieder schwarz zu unterlaufen begann. Während der vergangenen Monate hatte ich irgendwann mit den systemisch wirkenden Fungiziden Folicur (Wirkstoff Tebuconazol) und Aliette (Wirkstoff Fosetyl) behandelt, dennoch war die Infektion wiedergekommen, so dass ich wieder schneiden musste. Es sah ziemlich wüst aus, ich hatte nicht viel Hoffnung, mit einer erneuten Schneidaktion viel auszurichten, wusste aber auch keine andere Möglichkeit:


Unter dem befallenen Blatt befand sich nun das Herzblatt, das es dringend zu schützen galt. Doch auch diesmal gelang es mir nicht, keine Verletzungen zu verursachen. Ich schnitt mit so großem Abstand wie möglich und schwemmte danach alles großzügig mit verdünntem Kupferoktanoat ein. Dabei kann es zu etwas stärkeren Vernarbungen kommen, aber ich wollte möglichst jeden Winkel erreichen in der Hoffnung, verschleppte Sporen im Wundgebiet abzutöten. Es blieb ein ziemliches Schlachtfeld zurück, das zweitjüngste Blatt hing nur noch an einem schmalen Streifen:


Bis zum März tat sich nichts. Die Ränder trockneten teils bräunlich ab, das zweitjüngste Blatt blieb versorgt. Was im Winter rechts in der Blattachsel gewachsen war und ein Stammkindel hätte werden können, stellte sich als Blütentrieb heraus und es zeigte sich ein neues Herzblatt. Es spaltet das Herz, das von außen nicht mehr durch das zweitjüngste Blatt gestützt wird, etwas auf:


Ob die Pflanze heute endgültig geheilt ist, weiß ich nicht, aber ich bin optimistisch. Das frische Herzblatt wird nicht mehr viel größer werden als auf dem folgenden Bild zu sehen, aber das nächste ist schon im Anmarsch. Recht weit oben am Stamm brechen neue Wurzeln durch und ein paar wenige Knospen hat sie sogar auch:


Ein wenig geschlaucht sieht sie noch aus, die älteren Blätter sind rillig:


Ein paar allgemeine Tipps zu Blatt-/Stammflecken und Stammfäule:
- Verfallt nicht gleich in Panik, wenn ihr einen neuen Fleck sichtet, aber behaltet ihn und sein Wachstum im Auge (ggf. Foto machen, mit Filzstift umkringeln, regelmäßig danach schauen)
- Beobachtet die Pflanze während der ganzen Zeit gut, um möglichst schnell auf Veränderungen reagieren zu können.
- Hat eine Pflanze irgendeine Infektion, stellt sicher, dass ihr eine Ansteckung anderer Pflanzen vermeidet: Separat wässern, hygienisch arbeiten etc.
- Steht fest, dass ihr eingreifen müsst, fragt euch, ob die Pflanze die Kosten wert ist, die eine Rettungsaktion mit offenem Ende verursacht (Fungizid und andere Mittelchen, Skalpell etc.)
- Wenn ihr stammnah schneiden müsst, schafft euch zunächst optimale Bedingungen (beschafft euch ein scharfes, schmales Messer oder Skalpell, sitzt bequem, leuchtet alles gut aus, legt und stellt euch alles bereit, das ihr brauchen könntet)
- Plant die Schnitte, damit ihr möglichst wenig nachschneiden müsst. Wählt den Schnittrand so großzügig wie möglich und desinfiziert das Schneidwerkzeug zwischendurch gründlich (Einwirkzeit beachten), um eine Kontamination der Schnittstellen zu verhindern

Edit: Ich war davon ausgegangen, dass es sich hier um eine Pilzinfektion gehandelt haben muss. Allerdings habe ich mittlerweile die Vermutung, dass es sich um eine bakterielle Infektion gehandelt habe könnte, genauer gesagt eine Infektion mit Pseudomonaden. In diesem Link Orchid Pests and Diseases auf Seite 19 sieht der Fleck auf dem Bild mit dem hellblauem Hintergrund genau aus wie der Fleck am Blatt meiner Phalaenopsis. Auch die Tatsache, dass Pilzmittel keine spürbare Wirkung zeigten, könnte ein Hinweis darauf sein, dass es eben gar keine Pilzinfektion war. Ein kupferhaltiges Mittel wird in dem Link auch zur Behandlung empfohlen. Ich denke, das Schneiden dürfte letztlich den größten Nutzen gebracht haben.


Für die, die meinen Namen kennen: In Thread-Forumposts würde ich gern Kuuki genannt werden. Danke schön


Kuuki
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RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#2 von Berlinickerin , 15.05.2015 17:39

Liebe Kuuki,

herzlichen Dank für diesen Bericht. Für mich als noch ziemliche Anfängerin wirklich sehr hilfreich. Und spannend die ganzen frischen Wurzeln in der Zeit zu sehen - zeigt doch, dass man wirklich auf diese kleinen Anzeichen achten muss.

Viele Grüße
Jule


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RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#3 von Markus , 15.05.2015 17:40

Ein schöner Bericht. Danke, Kuuki.


MfG Markus


Markus
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RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#4 von MoMi , 15.05.2015 17:41

Toller Bericht Kuuki! Sehr ausführlich. Dankeschön
Viel Glück weiterhin mit der Pflanze!


MoMi
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RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#5 von Gelöschtes Mitglied , 15.05.2015 18:17

Kuuki, auch von mir ein Dankeschön.
Das hast du super gut und verständlich geschrieben. Am besten fand ich den Rat: "... nicht in Panik zu verfallen..."

Weiterhin viel Glück mit deiner Pflanze.



RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#6 von Acynka , 15.05.2015 18:39

Hi Kuuki, danke dir für den ausführlichen Beitrag! Berichte doch bitte in paar Monaten wieder, wie es deiner Pflanze geht. Um was für eine handelt es sich?


Acynka
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RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#7 von Maki , 15.05.2015 19:06

Danke Kuuki !
Es ist schon ein Unterschied, ob man etwas nur hört oder liest, oder auch in scharfen Fotos zu sehen bekommt !
Nochmals danke für die Mühe, die du dir gemacht hast.
Und viel Freude an deiner gut knospigen Pflanze


Maki
Maki

RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#8 von cajamarca , 15.05.2015 19:09

@Kuuki,


auch von mir ein dickes Dankeschön für diesen doch sehr informativen u. ausführlichen Bericht, super gemacht.


cajamarca
cajamarca
zuletzt bearbeitet 15.05.2015 19:10

RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#9 von Frauenschuh , 15.05.2015 19:10

Vielen Dank für die Tipps und den Bericht .


Frauenschuh
Frauenschuh

RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#10 von Solanum , 15.05.2015 21:49

Ein super Bericht ist das, Kuuki, vielen Dank! Deine Hartnäckigkeit und Frustrationstoleranz ist beeindruckend, da freut es mich umso mehr, daß du Erfolg hattest!
Zur Infektion beim Schneiden: Das liegt nicht an mangelhaftem Desinfizieren, würde ich meinen, denn das Messer ist eben sofort wieder unsteril, wenn man damit zu schneiden beginnt. Wenn man aus infiziertem Gewebe in gesundes schneidet, ist das Malheur schon passiert. Vielleicht hilft da, den Herd noch weiträumiger zu umschneiden, damit man kein infiziertes Gewebe trifft.


Schöne Grüße,
Heike


Solanum
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zuletzt bearbeitet 15.05.2015

RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#11 von Mary1309 , 15.05.2015 22:08

Danke Kuuki für den ausführlichen Bericht und die guten Tipps.


Mary1309
Mary1309

RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#12 von MiniMee , 16.05.2015 00:13

Und auch von mir ein herzliches Dankeschön Kuuki!
Sehr informativ und gibt wieder etwas Hoffnung.
Hast du oder jemand hier Erfahrung mit pilzbefallenen Herzblättern, die man entfernen musste? Sprich: Wie gut stehen die Chancen, dass eine Pflanze ein Stammkindel macht, wenn sie nur noch ein einziges Blatt und kein Herz mehr hat? Das klingt jetzt fies, aber ich hoffe, ihr wisst, was ich meine?!
Die Pflanze ist schon lange in diesem Zustand. Bestimmt n halbes Jahr. Sie bildet jetzt endlich wieder paar Wurzeln (viele wurden auch vom Pilz zerfressen), aber sonst passier nix! :-(
Ich kann einfach sone Pflanze nicht wegschmeissen...ich hänge an ihr, und würde das einfach nicht übers Herz bringen, schließlich zeigt sie ja noch etwas Leben...


MiniMee
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RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#13 von Kuuki , 16.05.2015 00:30

Danke euch und gerne!

Heike, dein Punkt ist wirklich wichtig: nur in augenscheinlich gesundem Gewebe schneiden. Hätte ich zwischendurch den Fleck angeritzt und dann weiter gemacht, hätte der Pilz sich vermutlich an allen Schnitträndern gnadenlos ausgebreitet. Auch wenn mir das zum Glück nicht passiert ist, habe ich trotzdem zwischendurch desinfiziert, bevor ich einen weiteren Schnitt gemacht habe, in der Hoffnung, dass es irgendetwas nutzt. Es war nämlich insgesamt wirklich eine ziemlich unbefriedigende Sache. Ich habe mich gefühlt wie der Elefant im Porzellanladen, wenn ich bei aller Mühe wieder und wieder versehentlich zu tief, zu flach, zu weit links geschnitten oder mit der Messerspitze in benachbarte Blätter gestochen habe.

Acynka, es ist eine luedde x javanica.

MiniMee, wenn sie auch an Wurzelmasse eingebüßt hatte, wird es entsprechend länger dauern, bis sie diese wieder aufbaut und ggf. ein Stammkindel macht. Der Winter hat sie zusätzlich ausgebremst. Neue Wurzeln sind ein gutes Zeichen, ich wünsche dir viel Glück mit deiner Pflanze.


Für die, die meinen Namen kennen: In Thread-Forumposts würde ich gern Kuuki genannt werden. Danke schön


Kuuki
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RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#14 von MiniMee , 16.05.2015 14:16

Kuuki, vielen herzlichen Dank! Ich wünsche dir auch sehr, dass deine Pflanze übern Berg ist und gesund bleibt! Du hast die Kur aber auch sehr gewissenhaft durchgezogen, Respekt!
Ist immer wieder ein tolles Gefühl, wenn man eine geliebte Pflanze doch noch rettet. Ähnelt dann fast einem Wunder
Das macht ungemein Mut Ich hoffe nun mal weiter . viell. hat meine Princess doch noch eine Chance.
Sie hat noch ihren alten BT. Ich habe sie noch nie blühen sehen und habe ihn bisher dran gelassen.
Was würdet ihr empfehlen? Es sind also nur noch 1 BT und 1 Blatt und sonst jetzt endlich paar neue Wurzeln dran. Den Stamm musste ich quasi bis zum Grund herunterschneiden.


MiniMee
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RE: Krankheiten: Einjahresverlauf einer Pilzinfektion/Stammfäule an Phalaenopsis

#15 von Kuuki , 17.05.2015 10:45

MiniMee, vielleicht kann die Pflanze, wenn sie ihren Blütentrieb irgendwann eintrocknen lässt, daraus noch Nährstoffe ziehen. Deshalb schneide ich Blütentriebe nicht ab. Falls sie nicht richtig stabil/etwas wackelig in ihrem Topf sitzt, ist es praktisch noch einen Blütentrieb zu haben, mit dem man die Pflanze an einem Stab festmachen kann. Abgesehen davon fällt mir leider kein guter Tipp ein, abwarten und sie möglichst gut weiterpflegen.


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