Hier soll es um den Pflanzstoff Kokosfaserchips (oder englisch: Coconut Husk Chips, abgekürzt CHC) gehen.
Seit 4 Monaten nutze ich CHC und habe tolle Erfahrungen damit gemacht. Ich war erst verwundert, dass dieser Pflanzstoff kaum Verwendung findet.
Aufmerksam geworden bin ich durch den Bericht von Bob & Lynn Wellenstein von AnTec Laboratory. Diese haben erstaunliche Ergebnisse mit der Nutzung dieses Substrats erzielt.
Hier ist der englische Originalartikel verlinkt: Use of Coconut Husk Chips for Potting Medium
Hier gibt es eine deutsche Übersetzung: Verwendung von Kokosschalen-Chips als Pflanzstoff
Einleitend wird über die Probleme des Rindensubstrats (Pinienrinde), mit dem ich nach längerer Zeit auch weniger gute Erfahrungen gemacht habe. Es zersetzt sich doch recht schnell, verdichtet dadurch und damit fehlt den Wurzeln ausreichende Belüftung, sie faulen. Aufgrund dieser Verdichtung trocknet das Rindensubstrat auch immer langsamer ab.
Oft ist mir auch passiert, dass Wurzeln von Pflanzen nach dem Umtopfen in Rinde abgefault sind, weil die Wurzeln der Pflanzen an anderes Substrat oder andere Rinde abgepasst waren. Das ist sehr ärgerlich bei alten, wertvollen Pflanzen.
Nun schreiben die Autoren von ihren Ergebnissen, die ich hier zitieren möchte:
Ergebnisse mit Kokosschalen-Chips
Als wir anfingen, das Kokosschalen-Chip-Substrat zuerst an einigen Pflanzen auszuprobieren, wollten wir jede Woche einen Teil von ihnen austopfen, um die Wurzeln zu untersuchen. Wir waren beeindruckt sowohl von der Geschwindigkeit der Bildung als auch von der Zahl und der Substanz der neuen Wurzeln an den Pflanzen, die umgestellt worden waren. Weil wir das immer wieder sahen, haben wir daran gearbeitet, alle Pflanzen von den Sämlingen bis hin zu den Zuchtpflanzen so schnell wie möglich auf dieses neue Substrat umzustellen. Wir haben mehrere Pflanzen umgetopft, die in unserem standardmäßigen Rindensubstrat alle Wurzeln verloren hatten, und haben "die Abflusslöcher umlagert" Im neuen Kokosschalen-Chip-Substrat haben wir beobachtet, wie sie sich belebten und neue Wurzeln trieben, schneller als wir es für möglich gehalten hätten, dass Paphiopedilen auf solche verbesserten Bedingungen reagieren können. Ein paar Pflanzen, glauben wir, die sonst sicherlich wegen ihres schlechten Wurzelzustands gestorben wären, sind durch dieses neue Substrat wieder belebt worden. Auch an unseren Phragmipedien haben wir ein ähnliches Verhalten bemerkt. Wenn es auch viel leichter ist, gutes Wurzelwerk an Phragmipedien als an Paphiopedilen zu unterhalten, scheinen unsere Phragmipedien sich sofort erholt zu haben, als sie in Kokosschale gesetzt wurden, vielleicht wegen des stark erhöhten Wasservorrats in ihren Töpfen bei weiterhin bewahrtem hohen Grad an Durchlüftung. Unsere
Phragmipedium-besseae-Pflanzen, die immer unter der Hitze gelitten haben und unter den Tisch gestellt werden mussten, haben den ganzen Sommer auf dem Tisch in sehr hellem Licht und Wärme verbracht und zeigen keine ihrer üblichen Sommerstress-Symptome. Wir haben auch einige Wurzel-geschädigte Phalaenopsen auf das neue Substrat umgestellt (mit einigen unterschiedlichen Anteilen der Substratbestandteile, einschließlich eines größeren Prozentsatzes von Aliflor) mit der gleichen Reaktion wie die Paphiopedilen und Phragmipedien einem nahezu unmittelbaren und kräftigen Wurzelwachstum.
Das hat mich neugierig gemacht, und ich habe es auch ausprobiert. Die Ergebnisse von Bob & Lynn Wellenstein kann ich in den 4 Monaten klar bestätigen. Mir ist vor allem aufgefallen, dass alte Wurzeln ohne aktive Spitzen in diesem Substrat neu austreiben.
Das schöne dabei ist, das dabei überhaupt keine Verdichtung auftritt, vielmehr ist das Substrat elastisch. Wenn es bewässert wird, saugen sich die Chips voll, das Substrat dehnt sich etwas aus. Nach einem Tag ist das Substrat noch feucht, allerdings mit großen Zwischenräumen, und deutlich leichter, und nach weiteren 4-6 Tagen (je nach Temperatur) ist es wieder ausgetrocknet und wieder locker und leicht.
Bob & Lynn meinen, die Strukturstabilität des Substrats komme von dem im Vergleich zur Rinde fünfmal so hohen Anteil an Lignin. Lignin ist für die Festigung der Pflanzenstruktur verantwortlich und zersetzt sich kaum.
Nach Bob und Lynn Weilenstein sollte CHC zur Optimierung mit anderen Bestandteilen (Perlite, Blähton, Holzkohle etc.) kombiniert werden. Das werde ich in Zukunft auch ausprobieren, habe aber auch mit purem CHC gute Erfahrungen gemacht.
Der pH-Wert von CHC mit Wasser liegt im leicht sauren Bereich und ist damit sehr gut für die meisten Orchideenarten geeignet. Für einige Paphiopedilum-Arten sollte das Substrat aber noch gekalkt werden.
Das Problem bei CHC ist die relativ aufwändige Zubereitung. Das im Handel als Orchideensubstrat erhältliche CHC ist zwar zum größten Teil von Salzen gereinigt, enthält jedoch noch viele sehr kleine, in der Größe staubähnliche Kokosteile. Wenn man die nicht vorher entfernt, weiß das Gießwasser nach Durchlauf des Substrats eine braune Färbung auf, auch die Wurzeln können mit dem Staub besetzt werden. Das ist nicht unbedingt schlimm, sollte aber am besten vermieden werden.
Die Chips sollten deshalb vorher gewaschen werden. Auf der Seite von Bob & Lynn finden sich eine Erklärung, wie sie es im großen Stil machen. Mittlerweile nutze ich auch kleine Regentonnen zur Säuberung, es geht aber auch gut in einem Eimer.
Im Folgenden eine Beschreibung zur Präparierung des CHC-Substrats:
Man erhält das Substrat meist trocken, zusammengepresst in einem Block.
Der Block kommt in einen größeren Eimer.
Der Eimer wird nun zu 2/3 mit Regenwasser befüllt.
Nach einer Einweichzeit von 15 Minuten kann das CHC im Eimer verteilt werden.
Ich habe etwas Wasser aus dem Eimer entnommen, es weist eine braune Färbung auf. Der Leitwert beträgt ca. 3000 mS (viel zu hoch!).
Deshalb bleibt das CHC jetzt für 4-5 Tage im Eimer, damit sich die Salze und Kleinteile im Wasser lösen.
Nach dieser Zeit wird einiges CHC auf ein großes Sieb befördert und ausgewaschen. Es ist wichtig, dass das CHC auf dem Sieb während des Auswaschens sehr gut durchgerüttelt und gedreht wird.
Es wird solange ausgewaschen, bis (meist nach 1-2 Minuten) klares Wasser aus dem Sieb läuft.
Das CHC ist jetzt einsatzbereit.
Das feuchte CHC sollte beim Topfen dicht zusammengepresst werden, damit es im trockenen Zustand nicht zu locker ist.
Ich werde sukzessive einige Wurzelbilder von den Pflanzen einfügen, die im CHC sitzen. Hier sind beispielhaft Wurzelbilder von drei Pflanzen, die zuerst ins CHC kamen.
Phalaenopsis GK's Pallestris
Diese Pflanze habe ich mit klasse Wurzeln in Rinde erhalten, ich habe sie gleich in einen größeren Topf mit CHC umgetopft und sie hat gleich viele neue Wurzelspitzen gebildet. Dazu hat sie außerdem eine neue Rispe gebildet.
Phalaenopsis hieroglyphica #1
Diese alte Pflanze hatte klasse Wurzeln, die aber leider auch recht alt waren. Nach dem Umtopfen in Rinde sind mir die alten Wurzeln komplett abgefault. Ich habe sie danach in CHC gesetzt, und sieh hat jetzt schon einige neue Wurzeln gebildet. Auch oberhalb des Substrats kommen viele neue Wurzeln sowie eine neue Rispe (nachdem 3 alte Rispen eingetrocknet waren).
Phalaenopsis hieroglyphica #2
Auch diese Pflanze hatte gute Wurzeln und kam in einem Spaghnum-Rinde-Gemisch aus Schwerte. Nachdem ein paar Wurzeln faulig wurden, habe ich sie in CHC umgesetzt. Sie hat viele neue Wurzelspitzen gebildet.
Insgesamt kann ich bisher für dieses Substrat zusammenfassen:
Pro:
- sehr strukturstabil aufgrund eines hohen Anteils an Lignin
- dadurch kaum Destruenten wie Schimmelpilze im Substrat
- gute Durchlüftung des Substrats
- gute Wasseraufnahme
- schneller Abtrocknungsprozess
- guter pH-Wert für die meisten Orchideen
Kontra:
- aufwändiger Zubereitungsprozess (Substrat sollte vor Nutzung entsalzt werden)